Eingeordnet unter Urlaub.
Bislang sind nach deutscher Rechtsprechung offene Urlaubsansprüche eines Arbeitnehmers bei dessen Tod ersatzlos verfallen. Ob dies mit europäischem Recht vereinbar ist, musste nunmehr am 12.06.2014 der Europäische Gerichthof nach Vorlage dieser Frage durch das Landesarbeitsgericht Hamm beantworten.
Die Witwe und Alleinerbin eines Arbeitnehmers hatte nach dessen Tod Abgeltung für 140,5 unstreitig noch offene Urlaubstage des Verstorbenen verlangt, nachdem ihr verstorbener Mann seit 2009 bis zu seinem Tod Ende 2010 arbeitsunfähig war und somit seinen bis dahin aufgelaufenen Urlaubsanspruch nicht mehr in Natur einbringen konnte.
Nach der europäischen Richtlinie über die Arbeitszeitgestaltung (RL 2003/88/EG) hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf einen bezahlten Mindesturlaub von 4 Wochen im Jahr, der nur bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine finanzielle Vergütung ersetzte werden darf. Das heißt vorrangig ist der Urlaub in Natur einzubringen, der finanzielle Abgeltungsanspruch entsteht erst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Der EuGH hat nunmehr festgestellt, dass dies auch mit Tod des Arbeitnehmers der Fall sein muss. Denn der finanzielle Urlaubsabgeltungsanspruch soll verhindern, dass dem Arbeitnehmer jeder Genuss des Anspruchs auf Urlaub vorenthalten wird. Deshalb steht, wie der EuGH bereits in einer früheren Entscheidung festhielt, das Unionsrecht jeglichen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten entgegen, welche dem Arbeitnehmer die Abgeltung der am Ende des Arbeitsverhältnisses noch ausstehenden, weil krankheitsbedingt nicht realisierten Urlaubsansprüche verwehren. Aus diesem Grund darf auch nicht der Tod des Arbeitnehmers rückwirkend zum vollständigen Verlust des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub führen. Die Abgeltung gegenüber den Erben bei Beendigung durch den Tod des Arbeitnehmers stellt nach Ansicht des EuGH die praktische Wirksamkeit des Urlaubsanspruches sicher. Folglich kann der Abgeltungsanspruch auch nicht von einem entsprechenden Antrag des (toten) Betroffenen abhängen (EuGH vom 12.06.2014, c-118/13).
Die bisherige deutsche Rechtsprechung zum ersatzlosen Verfall offener Urlaubsansprüche beim Tod des Arbeitnehmers ist somit überholt.