Eingeordnet unter Sonstiges.
Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen sich mit dem Problem verspäteter Zahlungen ihres Arbeitgebers auseinandersetzen. Auch wenn der Arbeitslohn nicht pünktlich auf dem Konto eingeht, laufen für Beschäftigte alle Zahlungsverpflichtungen mit den entsprechenden negativen Folgen für den Kontostand und häufig viel Ärger weiter.
Zahlt ein Arbeitgeber nicht pünktlich oder unvollständig, so befindet er sich im Verzug mit der Folge, dass er ab diesem Zeitpunkt aus dem (noch offenen) Bruttoverdienst Verzugszinsen (5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz) zahlen muss. Tatsächlich geltend gemacht wird dieser Zinsanspruch eher selten. Das gleiche gilt für einen durch die verspätete Zahlung bei Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmern entstandenen Anspruch auf Ersatz eines konkreten Schadens (z.B. Überziehungszinsen, Gebühren bei fehlender Kontodeckung u.ä.). Verspätete Lohnzahlungen bleiben für Arbeitgeber oft “ungestraft“.
Wenigstens als „Tropfen auf den heißen Stein“ könnte sich die schon 2014 neu ins Bürgerliche Gesetzbuch eingefügte Regelung des § 288 Abs. 5 BGB erweisen, die zur Zeit Arbeitsgerichte beschäftigt:
Befindet sich ein Schuldner, der nicht Verbraucher ist (Arbeitgeber sind im Verhältnis zu ihren Beschäftigten keine Verbraucher), mit einer Entgeltforderung (z.B. Monatslohn/-gehalt, Sonderzahlung, Prämie, Provision) im Verzug, hat der Gläubiger einen Anspruch auf eine Pauschale in Höhe von € 40,-. Der Anspruch auf diese Pauschale steht neben Anspruch auf Verzugszinsen und dem Ersatz eines durch den Verzug konkret entstandenen Schadens.
Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat in seinem Urteil vom 13.10.2016, 3 Sa 34/16, die Anwendbarkeit des § 288 Abs. 5 BGB im Arbeitsrecht schon deshalb bejaht, weil viel dafür spreche, dass der Gesetzgeber gezielt den Schutz von Arbeitnehmern im Blick hatte und keine Bereichsausnahme vorliege. Auch das Landesarbeitsgericht Köln hat in seinem Urteil vom 22.11.2016, 12 Sa 524/16, entschieden, dass der Anspruch auf diese Pauschale von € 40,-- auch Beschäftigten zusteht, wenn ein Arbeitgeber den Arbeitslohn verspätet oder unvollständig auszahlt. Hierfür spreche auch der Zweck der Neuregelung, die den Druck auf Schuldner erhöhen soll, Zahlungen pünktlich und komplett zu leisten. Dies gelte auch für Arbeitgeber.
Das LAG Köln hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Das BAG wird nun zu klären haben, ob die Verzugspauschale von € 40,-- auch im Arbeitsrecht gilt. Wir werden vom Ergebnis berichten.
Auch wenn das Arbeitsgericht Nürnberg die Verzugspauschale des § 288 Abs. 5 BGB im Arbeitsrecht nicht anwenden will (Urteil vom 11.11.2016, 12 Ca 6016/15), kann bis zur Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts nur geraten werden, offene Forderungen gegenüber Arbeitgebern mit Verzugspauschale für jede verspätete Zahlung geltend zu machen.
Anmerkung:
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seinem Urteil vom 25.09.2018, Aktenzeichen 8 AZR 70/18, entschieden, dass die Verzugspauschale von
€ 40 bei verspäteter Zahlung im Arbeitsrecht nicht gilt.
Zur Begründung bezieht sich das BAG auf die spezielle arbeitsrechtliche Regelung in § 12a Abs. 1 Satz 1 Arbeitsgerichtsgesetz. Danach sind Kostenerstattungsansprüche bis zum Schluss einer etwaigen ersten arbeitsgerichtlichen Gerichtsinstanz ausgeschlossen.
So bleibt es dabei, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer offene Zahlungsansprüche gegenüber ihrem Arbeitgeber geltend machen und ggf. gerichtlich durchsetzen müssen, ohne dass der Arbeitgeber das Risiko trägt, Kosten der Rechtsverfolgung tragen zu müssen.