Das Bundesarbeitsgericht gibt die Surrogatstheorie beim Urlaubsabgeltungsrecht auf:
Nachdem in Folge der "Schultz-Hoff-Entscheidung" des EuGH vom 20.01.2009 (C-350/06) nicht verfallener Urlaub auch dann abzugelten ist, wenn der/ die Beschäftigte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht arbeitsfähig ist, geriet die "rechtliche Urlaubswelt" nun notwendig auch in einem anderen Punkt ins Wanken.
Bislang folgte das Schicksal des Abgeltungsanspruchs dem des Urlaubsanspruchs selbst. Die Abgeltung war der Ersatz (das "Surrogat") des im Arbeitsverhältnis nicht gewährten Urlaubs. Verfiel nicht gewährter Urlaub am Jahresende oder im Falle einer Übertragung (aus dringenden betrieblichen Gründen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen, § 7 Abs. 1 BUrlG) am 31.03. des Folgejahres, ging auch der Abgeltungsanspruch unter.
In seinem Urteil vom 19.06.2012 (9 AZR 652/10; Pressemitteilung 43/12) hat das Bundesarbeitsgericht nun entschieden, dass der Anspruch auf Urlaubsabgeltung ein reiner Geldanspruch ist und als solcher nicht dem Fristenregime des Bundesurlaubsgesetzes unterliegt. Dies gilt unabhängig davon, ob ein arbeitsfähiger oder arbeitsunfähiger Arbeitnehmer die Abgeltung verlangt.
Damit verfällt zwar ein Urlaubsabgeltungsanspruch durch Ablauf des Urlaubsjahres oder des Übertragungszeitraums nicht; der Abgeltungsanspruch dürfte nun aber arbeitsvertraglich vereinbarten oder tarifvertraglichen Ausschlussfristen unterfallen.
Sind bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugeltende Urlaubsansprüche offen, kann nur dringend geraten werden, rechtlichen Rat einzuholen, damit der "Geldanspruch Urlaubsabgeltung" nicht wegen Fristversäumnis verfällt. Alle offenen finanziellen und sonstigen Ansprüche (z.B. auch auf Zeugniserteilung) aus einem beendeten Arbeitsverhältnis können Ausschlussfristen unterliegen. Schnelles, schriftliches Geltendmachen der offenen Ansprüche ist der erste Schritt, dies zu sichern.