BAG, Urteil vom 08.12.2015 - 1 ABR 2/14: Da zu vermuten ist, dass sich in zahlreichen Betriebsvereinbarungen unwirksame Regelungen finden, sollten viele Betriebsräte die bei ihnen bestehenden Betriebsvereinbarungen im Rahmen der sozialen Angelegenheiten gem. § 87 BetrVG überprüfen. Eingeordnet unter Sonstiges.
Zu entscheiden hatte das BAG über eine Betriebsvereinbarung zur Schichtplanregelung. Hier war vereinbart worden, dass der Betriebsrat im Rahmen der Schichtplangestaltung und Personaleinsatzplanung zu Anträgen der Arbeitgeberseite innerhalb von drei Tagen und auch noch schriftlich mit Begründung Stellung nehmen müsste. Für den Fall, dass der Betriebsrat sich nicht äußert, sollte die Zustimmung zum Personaleinsatzplan und zum Schichtplan als erteilt gelten.
Solche Regelungen finden sich häufig in Betriebsvereinbarungen, auch nicht nur zur Schichtplangestaltung, sondern in allen denkbaren Regelungen im Zusammenhang mit den sozialen Angelegenheiten nach § 87 BetrVG.
Derartige Vereinbarungen hat das BAG nun nochmals ausdrücklich für unwirksam erklärt. Es führt aus, dass solche Zustimmungsfiktionen, die eintreten sollen, wenn der Betriebsrat nicht innerhalb einer bestimmten Frist oder in einer bestimmten Form widerspricht, nicht zum Konzept des § 87 Abs. 1 BetrVG passen. Es weist darauf hin, dass die in § 87 Abs. 2 BetrVG enthaltenen Vorgaben zur Konfliktlösung zwingend sind. Erteilt der Betriebsrat seine Zustimmung zu einer mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit im Sinne des § 87 Abs. 1 BetrVG nicht, bedarf dies keiner bestimmten Form und muss auch nicht binnen einer bestimmten Frist erfolgen (anders ist das z.B. bei personellen Angelegenheiten gem. § 99 Abs. 3 BetrVG).
Zudem darf in jedem Fall eine Maßnahme, die der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 BetrVG unterliegt, erst nach dessen Zustimmung oder deren Ersetzung durch die Einigungsstelle durchgeführt werden. Eine einseitige Regelungsbefugnis des Arbeitgebers oder die Möglichkeit, eine von § 87 Abs. 1 BetrVG erfasste Maßnahme vorläufig durchzuführen, sieht das BetrVG im Bereich der sozialen Angelegenheiten nicht vor. Auch für Eil- oder Sonderfälle gibt es keine Ausnahmen.
Fazit:
Alle Regelungen in Betriebsvereinbarungen, die Angelegenheiten der sozialen Mitbestimmung regeln und die an die Zustimmungsverweigerung durch den Betriebsrat bestimmte formelle Voraussetzungen stellen oder ihm bestimmte Fristen auferlegen oder gar eine Zustimmungsfiktion vorsehen, sind unwirksam. Betriebsräte sollten daher ihre Betriebsvereinbarungen nochmals prüfen, ob nicht derartige Verfahrensregelungen enthalten sind. Hierfür stehen wir unterstützend und beratend gerne zur Verfügung.