BAG, Urteil v. 09.05.2023 - AZ: 1 ABR 14/22 Eingeordnet unter Betriebsverfassungsrecht, Sonstiges.
Manchmal ist es erstaunlich, welche fast selbstverständlichen Rechtsfragen durch drei Instanzen entschieden werden müssen. Das Bundesarbeitsgericht hatte sich in der oben genannten Entscheidung mit der Frage beschäftigen müssen, ob ein Betriebsrat einen Auskunftsanspruch bezüglich der Anzahl und Namen der schwerbehinderten und gleichgestellten behinderten Menschen im Betrieb hat.
Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass der Betriebsrat diesen Auskunftsanspruch hat und auch die Namen der schwerbehinderten und gleichgestellten behinderten Menschen verlangen darf.
In dieser Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich dieser Auskunftsanspruch des Betriebsrates auch auf leitende Angestellte bezieht.
Der Betriebsrat hatte mit seinem Auskunftsbegehren schon in erster und zweiter Instanz gewonnen, das Bundesarbeitsgericht hat die Instanzgerichte bestätigt.
Es ist verwunderlich, dass diese Rechtsfrage tatsächlich durch drei Instanzen von Arbeitgeberseite ausgestritten wurde, da § 80 Abs. 1 Ziffer 4 BetrVG ausdrücklich regelt, dass der Betriebsrat die Eingliederung schwerbehinderter Menschen zu fördern hat. Ebenso ist in § 176 S. 1 SGB IX vorgeschrieben, dass unter anderem Betriebsräte die Eingliederung schwerbehinderter Menschen fördern und insbesondere darauf achten, dass die dem Arbeitgeber nach den §§ 154, 155 und 164-167 SGB IX obliegenden Verpflichtungen erfüllt werden.
Diesen Aufgaben kann der Betriebsrat nur nachkommen, wenn er weiß, wie viele schwerbehinderte oder gleichgestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter es gibt und diese auch vom Namen her kennt. Da der Betriebsrat insoweit bezüglich aller schwerbehinderten Menschen tätig werden muss, bezieht sich der Auskunftsanspruch auch auf leitende Angestellte, soweit diese schwerbehindert oder gleichgestellt sind.
Normalerweise ist es Pflicht des Arbeitgebers, im Rahmen seiner sogenannten Bringschuld die entsprechenden Auskünfte gegenüber dem Betriebsrat zu erteilen, sobald er von einer Schwerbehinderung oder Gleichstellung Kenntnis erlangt. Wenn der Arbeitgeber dies nicht tut, kann der Betriebsrat seine Rechte im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren erzwingen.
Allerdings muss der Betriebsrat darauf achten, dass er zusammen mit seinem Auskunftsbegehren darlegt, dass er angemessene und spezifische datenschutzrechtliche Schutzmaßnahmen ergriffen hat, um die berechtigten datenschutzrechtlichen Interessen der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu wahren.