Mit Wirkung zum 01.11.2012 sind Tarifverträge zu Branchenzuschlägen für Leiharbeitnehmer in Kraft getreten – nicht nur in der Metall- und Elektroindustrie.
In der Metall- und Elektroindustrie wie auch in der chemischen Industrie wurden mit Wirkung zum 01.11.2012 durch Tarifverträge sogenannte Branchenzuschläge (im Folgenden „BZ“) eingeführt. Durch die Einführung der BZ soll eine stufenweise Annäherung an die gesetzliche Vorgabe des „equal pay“ erreicht werden. So prognostiziert die IG Metall, dass die Höhe des Entgelts eines Leiharbeitnehmers nach neunmonatigem Einsatz bei immerhin rund 80-90% des Entgelts eines vergleichbaren Stammbeschäftigten liegen dürfte (bisher: 50-60%).
Der Tarifvertrag über Branchenzuschläge für Arbeitnehmerüberlassung in der Metall- und Elektroindustrie (im Folgenden „TV BZ ME“) sieht vor, dass nach sechswöchigem Einsatz erstmals ein Branchenzuschlag in Höhe von 15% („1. Stufe“) des Stundentabellenentgelts des Entgelttarifvertrages Zeitarbeit an den Leiharbeitnehmer zu zahlen ist. Dieser Branchenzuschlag wächst mit zunehmender Länge der Überlassung an und beträgt nach dem vollendeten neunten Einsatzmonat 50% („5. Stufe“).
Leiharbeitnehmer, die in Betrieben der Metall- und Elektroindustrie bzw. in diesen Wirtschaftszweigen zugehörigen Hilfs- oder Nebenbetrieben eingesetzt sind, haben nach Maßgabe des oben Gesagten Anspruch auf Zahlung von BZ. Dabei gilt die Besonderheit, dass diejenigen Leiharbeitnehmer, die bereits am 01.11.2012 sechs Wochen oder länger ununterbrochen bei einem Entleiher eingesetzt waren, schon ab dem 01.11.2012 – also mit Inkrafttreten des TV BZ ME – Anspruch auf die Zahlung des BZ in Höhe von 15% haben.
Gezahlt wird der BZ für den ununterbrochenen Einsatz im jeweiligen Kundenbetrieb. Unterbrechungszeiten einschließlich Feiertage, Urlaubs- und Arbeitsunfähigkeitstage, die die Dauer von drei Monaten unterschreiten, unterbrechen den Einsatz nicht. Während der Unterbrechung wächst die Einsatzdauer aber auch nicht an. Von diesem Grundsatz wird allerdings in den Fällen der gesetzlich vorgesehenen Entgeltfortzahlung eine Ausnahme gemacht.
Beispiel: Erkrankt der Leiharbeitnehmer während des Einsatzes, so steht ihm nach § 3 EFZG ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung wegen Arbeitsunfähigkeit für die Dauer von sechs Wochen zu. Diese sechs Wochen der gesetzlichen Entgeltfortzahlung führen zu einer Zunahme der Einsatzdauer. Nach dem Auslaufen der Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber wird von der Krankenkasse Krankengeld gezahlt. Ab dem Zeitpunkt des Bezuges von Krankengeld „stagniert“ die Einsatzdauer. Sobald die Erkrankung die Dauer von drei Monaten überschritten hat, wird der Einsatz unterbrochen, mit der Folge dass nach der Genesung die Einsatzzeit wohl bei „null“ beginnt.
Der TV BZ ME hält ferner fest, dass der BZ Teil des festen tariflichen Entgelts (§ 13.2 MTV BZA) bzw. Teil der Grundvergütung (§ 2 Abs. 1 ETV iGZ) ist. Diese Festlegung führt dazu, dass der BZ auch bei der Berechnung der Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit, Nachtschicht und Mehrarbeit zu berücksichtigen ist.
Bezüglich der „Verrechnungs-Festigkeit“ des BZ gilt der Grundsatz, dass der BZ nicht mit sonstigen Leistungen verrechenbar ist. Eine Ausnahme gilt für den Fall, in dem übertarifliche Leistungen gezahlt werden. Auf letztere kann der BZ angerechnet werden. Im Übrigen entfallen Ansprüche auf Zuschläge nach § 4 ETV BZA („einsatzbezogener Zuschlag“) bzw. § 5 ERTV iGZ („einsatzbezogene Zulage“), wenn der Leiharbeitnehmer einen BZ erhält.
Die Regelung des § 2 Abs. 4 TV BZ ME enthält schließlich eine sogenannte „Deckelung“ des BZ. Hiernach dürfen das Tarifentgelt des Leiharbeitnehmers und der BZ nicht höher sein als das regelmäßig gezahlte Stundenentgelt eines vergleichbaren Stammarbeitnehmers. Weil bei der Feststellung des Vergleichsentgelts das Äquivalent einer durchschnittlichen Leistungszulage – nach dem Verhandlungsergebnis der Tarifvertragsparteien zehn Prozent – unberücksichtigt bleibt, liegt die „Deckelung“ der Verdienstmöglichkeit des Leiharbeitnehmers bei 90% dessen, was ein Stammarbeitnehmer verdient. Die Bestimmung zur „Deckelung“ ist allerdings eine Ausnahmeregelung, die nur dann zu einer Beschränkung führt, wenn der Kundenbetrieb die „Deckelung“ geltend macht.
Es bleibt abzuwarten, ob durch die Tarifverträge zu Branchenzuschlägen auf Dauer tatsächlich eine Angleichung des Entgelts von Stamm- und Leiharbeitnehmern erfolgen wird.
Praxistipp: Aufgrund der meist kurzen Ausschlussfristen in den Arbeitsverträgen der Leiharbeitnehmer bzw. in den anzuwendenden Tarifverträgen, sollten die Abrechnungen zügig daraufhin überprüft werden, ob der BZ tatsächlich gezahlt wurde und wenn ja, ob dies in der richtigen Höhe geschehen ist.