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Der Ausbruch des Coronavirus in China hat inzwischen weltweite Auswirkung und beschäftigt auch die Arbeitswelt. Der Schwerpunkt der Erkrankung liegt zwar in China, mittlerweile sind jedoch auch zahlreiche Fälle in anderen Ländern der Welt aufgetreten. Der Höhepunkt der Coronavirus-Infektionen ist laut Gesundheitsministerium noch nicht erreicht.
Es besteht eine Teilreisewarnung des Auswärtigen Amts für die chinesische Provinz Hubei, in der die Stadt Wuhan, Ausgangspunkt der Lungenerkrankung, liegt. Mehrere Fluggesellschaften haben bereits seit Ende Januar den Flugverkehr von und nach China vorübergehend eingeschränkt oder eingestellt. Von nicht notwendigen Reisen in das übrige Staatsgebiet der Volksrepublik China mit Ausnahme der Sonderverwaltungszonen Hong Kong und Macao rät das Auswärtige Amt bis auf Weiteres ab.
Wegen der Ausbreitung des Virus hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 31.01.2020 den internationalen Gesundheitsnotstand (Public Health Emergency of International Concern) erklärt. Damit sind schärfere Maßnahmen zur Bekämpfung des Ausbruchs verbunden, insbesondere Empfehlungen an die internationale Gemeinschaft zu verstärkter weltweiter Koordination, Kooperation und Solidarität, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen.
Doch was bedeutet dies für die soweit bestehenden Rechte und Pflichten im Arbeitsverhältnis?
Für den Umgang mit gesundheitlichen Risikolagen ist die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber seinem Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis der Anknüpfungspunkt. Diese verpflichtet den Arbeitgeber insbesondere zum Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber muss hierbei Schutzmaßnahmen für die Belegschaft treffen. Dazu gehört die Einhaltung bestimmter Hygienevorschriften und die Umsetzung von Maßnahmen, die eine Verbreitung von Krankheiten verhindern (Bereitstellung von Desinfektionsmitteln). Der Arbeitgeber muss jedoch auch eigeninitiativ ergriffene Maßnahmen der Arbeitnehmer dulden, insbesondere, wenn dadurch die Tätigkeit nicht eingeschränkt wird. So sorgte ein Fall am Düsseldorfer Flughafen für Aufsehen, wo eine Mitarbeiterin, die einen Mundschutz trug, nach Hause geschickt wurde und ihr das Tragen des Mundschutzes untersagt wurde, da sich dadurch eine Panik unter Passagieren verbreiten könnte. Dieses Verbot wurde im Nachgang aufgehoben und den Mitarbeitern freigestellt, einen Mundschutz zu tragen. Gerade vor dem Hintergrund des intensiven Kontakts mit Menschen aus aller Welt am betreffenden Arbeitsplatz ist dies richtig. Steht ein Arbeitgeber mit chinesischen Unternehmen in Geschäftsbeziehungen, oder setzt er eigene Arbeitnehmer in China ein, stellen sich derzeit viele Fragen für Arbeitnehmer.
Den Arbeitgeber trifft beispielsweise die Pflicht, seine Mitarbeiter über Infektionsrisiken aufzuklären, insbesondere, wenn sich hierfür bereits konkrete Hinweise bieten. Umgekehrt darf der Arbeitgeber auch danach fragen, ob sich ein Mitarbeiter in einem Risikogebiet aufgehalten hat und nach Rückkehr aus einem Risikogebiet sicherheitshalber anordnen, dass der Mitarbeiter für ein paar Tage zu Hause bleibt, um ein Ansteckungsrisiko auszuschließen. Die Vergütung ist insoweit weiter zu bezahlen. Maßgeblicher Zeitrahmen für diese Freistellung könnte die Inkubationszeit des Virus sein.
Umgekehrt stellt sich auch die Frage, ob der Arbeitnehmer einer Anordnung des Arbeitgebers, nach China zu reisen, nachkommen muss oder dies sanktionslos verweigern kann. Dies hängt davon ab, ob für das jeweilige Gebiet eine ausdrückliche Reisewarnung des Auswärtigen Amtes vorliegt. Eine Anordnung zur Dienstreise hat als Weisung gemäß § 106 GewO unter Berücksichtigung billigen Ermessens zu erfolgen. Was billigem Ermessen entspricht, ist unter angemessener Berücksichtigung der Interessen beider Parteien zu bestimmen. Eine Anordnung einer Dienstreise in ein Gebiet, für das eine Reisewarnung vorliegt, entspricht nicht billigem Ermessen. Es spricht viel dafür, dass der Arbeitnehmer eine derartige Reise (derzeit in die chinesische Provinz Hubei) verweigern könnte, ohne arbeitsrechtliche Sanktionen befürchten zu müssen. Wie immer kommt es dabei auf den Einzelfall an.
Eine potenzielle Ansteckungsgefahr berechtigt den Mitarbeiter jedoch nicht, zu Hause zu bleiben. Der Arbeitnehmer hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, von zu Hause aus zu arbeiten. Die Arbeit von zu Hause aus bedarf einer Sonderregelung mit dem Arbeitgeber, beispielsweise über vorübergehende Home-Office-Arbeit. Hat der Arbeitgeber Mitarbeiter in China im Einsatz, so muss er auch hier im Rahmen seiner Fürsorgepflicht handeln, beispielsweise durch Weisung, die Tätigkeit von zu Hause aus auszuüben. Im Extremfall muss der Arbeitgeber ggf. für die Rückholung des Mitarbeiters aus dem Ausland sorgen.
In solchen Zeiten erhöhter Gesundheitsrisiken muss der Arbeitgeber Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit seiner Mitarbeiter ergreifen. Zur Vermeidung des Vorwurfs der Arbeitsverweigerung sollten Arbeitnehmer vor der Verweigerung, einer arbeitgeberseitigen Weisung nachzukommen, rechtlichen Rat einholen.