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Im sogenannten Kleinbetrieb (23 KSchG) finden die meisten Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes keine Anwendung. Insbesondere haben Arbeitnehmer keinen Kündigungsschutz nach § 1 KSchG. Dennoch stehen auch im Kleinbetrieb beschäftigte Arbeitnehmer, welche eine Kündigung erhalten, nicht gänzlich schutzlos dar, sondern können sich auf die Unwirksamkeit der Kündigung aus anderen Gründen berufen.
In einer aktuellen Entscheidung vom 23.07.2015 (6 AZR 457/14; Pressemitteilung 37/15) hat das Bundesarbeitsgericht festgestellt, dass die in dem Verfahren streitgegenständliche Kündigung einer 63-jährigen Arzthelferin im Kleinbetrieb gegen § 7 Abs. 1 AGG verstößt und deshalb unwirksam ist.
Mit Schreiben vom 24.05.2013 kündigten die Gesellschafter einer Gemeinschaftspraxis der dort bereits seit 1991 beschäftigten und zuletzt überwiegend im Labor eingesetzten Arbeitnehmerin zum 31.12.2013. In dem Kündigungsschreiben war unter anderem von anstehenden Veränderungen im Laborbereich, welche eine Umstrukturierung der Praxis erforderten, die Rede. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass die Arzthelferin „inzwischen pensionsberechtigt“ sei. Die anderen, im Jahr 2013 in der Gemeinschaftspraxis beschäftigten, vier jüngeren Arbeitnehmerinnen erhielten keine Kündigung. Die gekündigte Arbeitnehmerin erhob sodann Kündigungsschutzklage.
Das Bundesarbeitsgericht stellte nunmehr klar, dass eine Kündigung auch im Kleinbetrieb unwirksam ist, wenn bei dieser aufgrund von der Arbeitnehmerin vorgetragener Indizien eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Lebensalters nach § 22 AGG zu vermuten ist und es dem Arbeitgeber nicht gelingt, diese Vermutung zu widerlegen.
Die beklagte Gemeinschaftspraxis hat laut Bundesarbeitsgericht keinen ausreichenden Beweis dafür angeboten, dass die wegen der Erwähnung der „Pensionsberechtigung“ im Kündigungsschreiben zu vermutende Altersdiskriminierung nicht vorliegt. Ihr Vorbringen, die Kündigung sei wegen eines zu erwartenden Entfalls von Laborleistungen erfolgt und die klagende Arbeitnehmerin mit den übrigen Arzthelferinnen nicht vergleichbar, da schlechter qualifiziert, reichte hierfür nicht aus.
Auch nach Erhalt einer Kündigung im Kleinbetrieb empfiehlt es sich also, schnellstmöglich eine rechtliche Überprüfung der Kündigungsumstände im Einzelfall vornehmen zu lassen, um gegebenenfalls rechtzeitig Kündigungsschutzklage erheben zu können.