LAG Nürnberg, Urteil v. 06.06.2023 - AZ: 2 Sa 275/23 Eingeordnet unter Sonstiges.
Das Landesarbeitsgericht Nürnberg hatte am 06.06.2023 unter dem Aktenzeichen 7 Sa 275/23 die Frage zu entscheiden, wann Umkleide- und innerbetriebliche Wegezeiten sowie Reinigungszeiten als Arbeitszeit zu vergüten sind. In dem entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber die Anweisung erteilt, sich nach Betreten des Betriebsgeländes in eine Umkleide zu begeben, dort die vorgeschriebene Arbeitskleidung (Sicherheitsschuhe, Latzhose, T-Shirt und langärmelige Jacke) anzuziehen, die private Kleidung in einem Spind abzuschließen und sich dann an den Arbeitsplatz zu begeben.
Nach Arbeitsende mussten die Beschäftigten wiederum auf Anweisung des Arbeitgebers in der Umkleide die Arbeitskleidung ablegen, sich dort reinigen und die Schutzkleidung zur Reinigung abgeben. Der Kläger war der Ansicht, dass sowohl die Umkleidezeit selbst, als auch die Reinigungszeit für die Körperreinigung und die innerbetriebliche Wegezeit zur Umkleide hin und zurück als Arbeitszeit zu vergüten sind. Der Arbeitgeber wollte dagegen diese Zeiten nicht als Arbeitszeit bezahlen.
Auch schon das Bundesarbeitsgericht hat sich mehrfach mit dieser Frage beschäftigt und darauf abgestellt, ob das Umkleiden dem Bedürfnis des Arbeitgebers dient. In diesem Fall sind die Zeiten als Arbeitszeit zu vergüten. Dient dagegen das Umkleiden auch dem Bedürfnis der Beschäftigten, gehört die Umkleidezeit nicht zur Arbeitszeit.
Da in dem vom Landesarbeitsgericht Nürnberg entschiedenen Fall der Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Schutzkleidung angewiesen hat und diese Arbeitskleidung auch zwingend für die Tätigkeit im Betrieb angelegt werden musste, hat das Landesarbeitsgericht Nürnberg völlig zu Recht entschieden, dass die Umkleidezeit selbst als Arbeitszeit zu vergüten ist. Weiterhin hat das Landesarbeitsgericht entschieden, dass auch die innerbetrieblichen Wege zur Umkleide hin bzw. zurück als Arbeitszeit zu vergüten sind. Das Gericht hat damit argumentiert, dass der Arbeitgeber das Umkleiden nicht am Arbeitsplatz ermöglicht hat, sondern die Weisung erteilt hat, hierfür eine vorgegebene Umkleidestelle zu nutzen. Da also der Kläger zwingend diese Umkleide benutzen musste und sich erst danach zu seinem Arbeitsplatz begeben durfte, bzw. nach Arbeitsende sich auch in dieser Umkleide wieder umziehen musste, sind auch diese innerbetrieblichen Wegezeiten als Arbeitszeit zu vergüten.
Das Landesarbeitsgericht Nürnberg hat aber auch die Reinigungszeit als vergütungspflichtige Arbeitszeit angesehen, da die konkrete Tätigkeit einen erheblichen Grad der Verschmutzung des Körpers des Klägers zur Folge hatte und eine Teilnahme am gesellschaftlichen oder privaten Leben ohne Körperreinigung nach Ansicht des Gerichts nicht zumutbar war.
Somit waren die Zeiten für die Körperreinigung fremdnützig, folglich also Teil der geschuldeten Arbeit und als Arbeitszeit zu vergüten.
Zu beachten ist allerdings, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes nicht jedes Tragen einer Dienstkleidung dazu führt, dass die Umkleidezeit vergütungspflichtig ist. Wenn zum Beispiel die Arbeitskleidung nicht zwingend im Betrieb angelegt werden muss, die Arbeitskleidung auch nicht besonders auffällig ist und der Arbeitnehmer sie deshalb schon zu Hause anzieht, dient das Umkleiden auch dem Bedürfnis des Beschäftigten. In diesem Fall zählt die Umkleidezeit nicht zur Arbeitszeit.