Und noch eine Neuigkeit im Urlaubsrecht

Noch am 20.01.2009 hatte der Europäische Gerichtshof entschieden („Schultz-Hoff“, C-350/06), dass der gesetzliche Urlaubsanspruch langzeiterkrankter Arbeitnehmer weder am Ende des jeweiligen Urlaubsjahres noch am Ende des Übertragungszeitraums (31.03. des Folgejahres) verfällt. Von einer zeitlichen Einschränkung war hier noch keine Rede.

Die Frage, ob ein arbeitsunfähiger Arbeitnehmer diese Urlaubsansprüche ohne zeitliche Begrenzung oder ggf. wie lange„ansammeln“ kann, war danach immer wieder Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen.

Im Urteil vom 22.11.2011 („KHS/Schulte“, C-214/10) hatte der Europäische Gerichtshof einen Tarifvertrag zu bewerten, der für Urlaubsansprüche einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten vorsah. Im Ergebnis hat der EuGH entschieden, dass diese Tarifregelung dem Anspruch auf bezahlten Urlaub und seiner Übertragung nicht zuwiderläuft.

Diese auf eine Tarifvertragsbestimmung bezogene EuGH-Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht nun zum Anlass genommen, das Bundesurlaubsgesetz (§ 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG) unionskonform so auszulegen, dass der Urlaubsanspruch 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres verfällt (Urteil vom 07.08.2012, 9 AZR 353/10, Presseerklärung Nr. 56/12).

Hierzu ein Beispiel:
Ein Arbeitnehmer erkrankt 2010 und ihm stehen für 2010 noch Resturlaubsansprüche zu. Endet die Erkrankung oder das Arbeitsverhältnis im April 2012, ohne das der Resturlaub aus 2010 genommen werden konnte, sind diese Ansprüche am 31.03.2012 verfallen.
Die Urlaubsansprüche dieses erkrankten Arbeitnehmers aus 2011 verfallen bei andauernder Arbeitsunfähigkeit am 31.03.2013.

Fazit:

A. Eine bei Langzeiterkrankung unionswidrige gesetzliche Übertragungsfrist von 3 Monaten ist eine unionskonforme Übertragungsfrist von 15 Monaten. Der Gesetzgeber muss sich nicht die Mühe machen, europarechtliche Vorgaben umzusetzen.

B. Jedes „Ansammeln“ von Urlaubsansprüchen birgt das Risiko des Verfalls; Urlaub sollte genommen werden.