Zwei neuere Entscheidungen beschäftigen sich mit dem Begriff "vorübergehende Überlassung" im Arbeitnehmerüberlassungs-Gesetz (AÜG).
Am 16.10.2012 hat das LAG Berlin-Brandenburg unter dem AZ: 7 Sa 1182/12 folgenden Fall entschieden:
In einer typischen Konstellation hatte das Tochterunternehmen einer Krankenhausgesellschaft, wohl eine sogenannte "Klinikservicesellschaft", die durch die Krankenhausgesellschaft selbst gegründet worden war, eine Krankenschwester eingestellt, diese jedoch nicht selbst beschäftigt, sondern als Leiharbeitnehmerin an die Krankenhausgesellschaft zum Einsatz überlassen. Dieses Spiel dauerte über vier Jahre. Die Krankenschwester hat geklagt und wollte festgestellt wissen, dass dieser Einsatz nicht mehr "vorübergehend" im Sinne von § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes sei. Gemäß der neuen Regelung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und der Europäischen Richtlinien hierzu darf die Überlassung von Arbeitnehmern nämlich nurmehr "vorübergehend" erfolgen. Das deutsche Gesetz lässt jedoch offen, was unter dem Begriff "vorübergehend" tatsächlich zu verstehen ist.
Das LAG Berlin-Brandenburg hat sich in der Entscheidung mit der Frage, wann eine Arbeitnehmerüberlassung nicht mehr vorübergehend ist, nicht wirklich beschäftigt, sondern diese Frage offen gelassen. Die Klage auf Feststellung, dass ein Arbeitsverhältnis mit dem Krankenhaus selbst bestehen würde, hat es jedoch abgewiesen. Das LAG geht davon aus, dass selbst ein Verstoß gegen die gesetzliche Vorschrift nicht dazu führt, dass ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher zustande kommt. Dies sei vom Gesetzgeber für diesen Fall nicht vorgesehen worden.
Diese Auffassung teilen wir nicht. Gemäß der Europäischen Richtlinie zur Leiharbeit haben die Nationalstaaten und damit auch Deutschland Sanktionen vorzusehen, die wirksam, angemessen und abschreckend seien. Nur so kann Gesetzesverstößen vorgebeugt werden.
Die einzige wirksame Sanktion bei einem Verstoß gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ist jedoch die Begründung eines Arbeitsverhältnisses zu dem Entleiher. Dieser hat das wirtschaftliche Risiko zu tragen, falls er sich einer Leiharbeitskonstruktion bedient, die rechtswidrig ist.
Glücklicherweise hat das LAG Berlin-Brandenburg die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht zugelassen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat.
Schon am 19.09.2012 hat das LAG Niedersachsen (AZ: 17 TaBV 124/11) eine insbesondere für Betriebsräte positive Entscheidung gefällt. Es hat dem Betriebsrat ein Widerspruchsrecht eingeräumt, wenn der Arbeitgeber beabsichtigt, einen Leiharbeitnehmer unbefristet auf einem sogenannten Dauerarbeitsplatz zu beschäftigen. Der Betriebsrat kann seine Zustimmung dann wegen Gesetzesverstoß gem. § 14 Abs. 3 S. 1 AÜG iVm. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG verweigern. Der Dauerverleih von Arbeitnehmern im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit sei nämlich unzulässig.
Dies erleichtert die Arbeit von Betriebsräten, die den missbräuchlichen Einsatz von Leiharbeitnehmern im Betrieb zurückdrängen wollen.
Auch das LAG Niedersachsen hat in dieser Sache die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht zugelassen. Diese ist mittlerweile auch schon unter dem AZ: 7 ABR 79/12 anhängig.
Das Bundesarbeitsgericht hat sich also in zwei sehr grundsätzlichen Fällen mit dem Begriff der "vorübergehenden Überlassung" auseinanderzusetzen. Wir sind gespannt auf die Rechtsklärung durch das Bundesarbeitsgericht und werden weiter berichten.