BAG v. 16.01.2018 - 7 AZR 312/16 Eingeordnet unter Sonstiges.
Am 16.01.2018 hat das Bundearbeitsgericht in seiner Entscheidung mit dem Aktenzeichen 7 AZR 312/16 die Klage des Mainzer Bundesliga-Torwarts Heinz Müller abgewiesen, mit der er die Unwirksamkeit seiner Befristung feststellen wollte. In der Begründung hat das Bundesarbeitsgericht, wie bereits bei früheren Klagen von Lizenzspielern zuvor, festgestellt, dass die Befristung des Arbeitsvertrages aufgrund der Eigenart der Arbeitsleistung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG gerechtfertigt sei. In der Pressemitteilung heißt es, dass im kommerzialisierten und öffentlichkeitsgeprägten Spitzenfußball von einem Lizenzspieler im Zusammenspiel mit der Mannschaft sportliche Höchstleistungen erwartet und geschuldet werden, die diese nur für eine begrenzte Zeit erbringen kann. Dies ist, so das Bundesarbeitsgericht, eine Besonderheit, die in aller Regel ein berechtigtes Interesse an der Befristung des Arbeitsverhältnisses begründet.
Der Bundesliga-Profi Heinz Müller ist daher mit seiner Argumentation, die Befristung seines Arbeitsvertrages sei aufgrund der Überschreitung einer Gesamtdauer der Befristung von zwei Jahren unwirksam und es sei ein unbefristeter Arbeitsvertrag zustande gekommen, gescheitert.
Welche Regelung hat den Profifußballer dazu bewegt, die vereinbarte Befristung anzugreifen?
In § 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) finden sich die Regelungen zur Zulässigkeit der Befristung. Nach § 14 Abs. 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrages immer dann zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Sodann folgen im Gesetz Beispiele für einen solchen sachlichen Grund, die jedoch nicht abschließend sind. Es kann also auch aus einem anderen sachlichen Grund außerhalb der Aufzählung des § 14 Abs. 1 TzBfG eine Rechtfertigung für eine Befristung hergeleitet werden.
In der Praxis häufig auftretende Befristungsgründe nach § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG sind vor allem der „nur vorübergehende betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung“ (Nr. 1), „die Vertretung eines anderen Arbeitnehmers“ (Nr. 3) oder „die Befristung auf Basis eines gerichtlichen Vergleichs“ (Nr. 8). Bei einem Profi-Fußballspieler liegt nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts ein sachlicher Grund in der Eigenart der Arbeitsleistung (Nr. 4). Liegt ein sachlicher Grund der Liste des § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG vor, so ist eine Befristung unbegrenzt möglich.
Die weitaus häufigere Befristung ist jedoch die sogenannte sachgrundlose Befristung, die § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG regelt. Ein Arbeitsverhältnis kann nach dieser Norm bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig befristet werden, auch wenn kein sachlicher Grund vorliegt. Bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren kann die Befristung höchstens drei Mal verlängert werden.
Eine sachgrundlose Befristung gem. § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ist jedoch nach § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG dann nicht möglich, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Hier ist jedoch zu beachten, dass nicht jede Vorbeschäftigung einer sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG entgegensteht. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Vorschrift insoweit eingeschränkt, dass die letzte befristete oder unbefristete Tätigkeit bei demselben Arbeitgeber nicht länger als drei Jahre zurückliegen darf.
Sachgrundlose Befristungen sind derzeit immer noch ein häufig genutztes Mittel der Arbeitgeber, um den Kündigungsschutz der Arbeitnehmer zu umgehen. Da nach einer sachgrundlosen Befristung (bis zur Maximaldauer von zwei Jahren) das Arbeitsverhältnis ohne das Vorliegen eines Kündigungsgrundes automatisch endet, werden die Regelungen des Kündigungsschutzes ausgehebelt. Mit dieser weitreichenden Befristungsmöglichkeit ist es dem Arbeitgeber seit Jahren möglich, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter einem starken Existenzdruck zu setzen. Die Angst, bei der kleinsten Ausfallzeit oder Verfehlung keine unbefristete Übernahme zu erhalten und damit seinen Arbeitsplatz zu verlieren, führt dazu, dass sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch krank zur Arbeit schleppen, freiwillig unbezahlte Überstunden erbringen und/oder sich davor hüten, im Betrieb des Arbeitgebers eine Betriebsratswahl anzustoßen. Dieser „Einsatz“ wird durch die Hoffnung auf eine unbefristete Übernahme nach zwei Jahren provoziert.
Im neuen Koalitionsvertrag wollen die Parteien der großen Koalition dem Missbrauch bei Befristungen entgegentreten. Nach den Wünschen der großen Koalition dürfen Arbeitgeber mit mehr als 75 Beschäftigten nur noch maximal 2,5 % der Belegschaft sachgrundlos befristen. Bei Überschreiten dieser Quote gilt jedes weitere sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnis als unbefristet zustande gekommen.
Des Weiteren soll die Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes nur noch für die Dauer von 18 statt bislang von 24 Monaten zulässig sein. Bis zu dieser Gesamtdauer soll auch nur noch eine einmalige anstatt einer dreimaligen Verlängerung der Befristung möglich werden.
Zudem wollen die Koalitionsparteien sog. Kettenbefristungen entgegentreten. Kettenbefristungen sind über Jahre andauernde immer wiederkehrende Befristungen eines Arbeitsverhältnisses aus den gleichen oder unterschiedlichen Sachgründen (§14 Abs. 1 TzBfG). Nach dem Koalitionsvertrag soll eine Befristung eines Arbeitsverhältnisses dann nicht zulässig sein, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein unbefristetes oder ein oder mehrere befristete Arbeitsverhältnisse mit einer Gesamtdauer von fünf oder mehr Jahren bestanden hat. Hiervon ausgenommen sollen jedoch Befristungen aus dem Sachgrund des § 14 Abs. 1 Nr. 4 TzBfG wegen der Eigenart des Arbeitsverhältnisses (wir erinnern uns an Heinz Müller) sein. Zudem sollen auf die Höchstdauer von fünf Jahren auch eine oder mehrere vorherige Entleihungen des nunmehr befristet eingestellten Arbeitnehmers durch ein oder mehrere Verleihunternehmen angerechnet werden. Zudem will die große Koalition die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes umsetzen und ein erneutes befristetes Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber erst nach Ablauf einer Karenzzeit von drei Jahren ermöglichen.
Es wird sich zeigen, welcher dieser Pläne des Koalitionsvertrages umgesetzt werden wird, wenn die neue Regierung ihre Arbeit aufnimmt. Zudem muss sich zeigen, ob die geplanten Änderungen den Missbrauch der Befristung zur Umgehung des Kündigungsschutzes und den Kettenbefristungen entgegenwirkt oder ob Arbeitgeber wieder kreative Mittel und Wege finden, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch Befristungen unter Druck zu setzen.
An der Zulässigkeit der Befristungen im Profifußball werden auch diese Neuerungen jedenfalls nichts ändern.